1887, ein Jahr vor der Errichtung des Chamisso-Denkmals am heutigen Monbijou-Park in Berlin, brachte das beliebte Familien-unterhaltungsblatt Die Gartenlaube eine unkommentierte Abbildung der Büste des Dichters, die anlässlich des bevorstehenden 50. Todestages bei dem Bildhauer Julius Moser in Auftrag gegeben worden war. Die Bildunterschrift deutet an, dass es sich um einen Entwurf und noch nicht um das in teurem Carrara-Marmor ausgeführte Werk selbst handelt. Wenn ja, was wurde dann aus dieser ersten Büste? War es dieselbe, die der Botaniker Gustav Lindau, bis 1906 wissenschaftlicher Assistent am Botanischen Museum (danach Professor), über der Tür der Bibliothek betrachtet und bedichtet hatte, wie Bernd Ballmann herausfand? Bibliothek und Sammlungen waren 1879 von der Potsdamer Straße in das neue Gebäude am Wilmersdorfer Weg umgezogen. Hatte der Bildhauer die Gipsbüste zu Ehren ihres ehemaligen zweiten Kustos Adelbert von Chamisso der Bibliothek geschenkt? Wenn es so war, dann wurde sie wohl mitsamt der Bibliothek des Museums bei der Bombardierung von Berlin im Januar 1943 zerstört.
Anm. der Redaktion: Mit diesem Beitrag reagiert die Chamisso-Biografin auf den Eintrag Chamisso-Büste gesucht! vom 5. November 2012. Die Antwort von Bernd Ballmann finden Sie unten im Kommentar.
Glückwunsch zu Ihrem Fund in Gartenlaube 15/1887! Alles passt bestens zusammen. Die von Lindau bedichtete und von der Gartenlaube als Holzstich abgebildete Büste (sie hatte ihren Platz Lindaus Text zufolge auf einem Fenstersims, nicht über der Tür, oder war da ein Fenster über der Tür?) ist zweifellos ein und dasselbe Werk. Mir scheint, dass Bildhauer Moser die Gesichtszüge des Dichters in der Marmorausführung gegenüber dem Gipsentwurf veredelt hat; möglicherweise hat aber der Holzschneider Chamissos Gesicht ein wenig vergröbert. Verwunderlich ist, dass die Gartenlaube außer den beiden Zeilen Bildunterschrift keinen Kontext liefert.
AntwortenLöschenAch ja natürlich - überm Fenster! (Nicht auf dem Fensterbrett!) Aber das Gedicht erzeugte bei mir das sehr lebendige Bild eines altmodischen hohen Lesesaals mit Stuckdecke und langen hohen Fenstern und umlaufenden Regalen, dunkelgebeizten Tischen und gedimmten Leselämpchen. Keine Ahnung, warum ich vor meinen inneren Augen die Büste über einer Tür sah, aber ich seh sie halt immer noch genau da: Magie der Vorstellungskraft?
AntwortenLöschen