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Montag, 6. Februar 2017

Die Rezeption von Chamissos Lyrik

Lutz Hagestedt in Paris (2011)
Der kürzlich verstorbene Ingenieur Hans Braam hat eine Datenbank hinterlassen, in der er Lyrik-Anthologien auswertete. Mit den Daten lassen sich Aussagen über die Beliebtheit, aber auch über das Verschwinden von Gedichten Adelbert von Chamissos machen. Bis heute lassen sich mit Braams Erhebung 128 verschiedene Chamisso-Gedichte in 192 Anthologien nachweisen, das entspricht 862 Abdrucken insgesamt und einer bruchlosen Überlieferung seit bald zweihundert Jahren. Auf dieser empirischen Basis hat Lutz Hagestedt 2011 bei der Chamisso-Konferenz in Paris einen Überblick über die Rezeptionsstränge von Chamissos Lyrik gegeben. Zu ihren Bewunderern gehörten Fontane und Thomas Mann, ausgegrenzt aus dem "ewigen Vorrat deutscher Poesie" wurde Chamisso von Rudolf Borchardt, der es an der Zeit fand, "dass der falsche Klassikername aus lyrischen Sammlungen verschwindet". Es widersprach seinem nationalkonservativen Dichtungsverständnis, dass ein gebürtiger Franzose in der Lage sein sollte, großartige deutsche Gedichte zu schreiben. Umso mehr höher war das Ansehen Chamissos beim liberalen und jüdischen Bürgertum. In Anlehnung an Brecht unterscheidet Hagestedt eine "pontifikale" und "profane" Linie der Lyrikrezeption - in der letzteren, stärker auf die gesellschaftliche Wirklichkeit bezogenen Tradition wurde Chamisso meistens gesehen. Mit gehöriger Verspätung ist der Vortrag von Lutz Hagestedt nun im Druck erschienen:

Hans Braam, Lutz Hagestedt: »Und mehr, als Ein zerrissen Lied | entströmte seiner Brust!« Aspekte der Chamisso-Rezeption in Moderne und Gegenwart. In: Philologia Sanat. Studien für Hans-Albrecht Koch zum 70. Geburtstag. Hg. von Gabriella Rovagnati und Peter Sprengel. Frankfurt/M. [u.a.]: Peter Lang 2016. S. 257–286. ISBN 978-3-631-67695-0.

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