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Samstag, 19. Oktober 2013

Leiziger Völkerschlacht: Der Invalid im Irrenhaus

Napoleon bei Leipzig
Bildquelle: Wikipedia
»Leipzig, Leipzig! arger Boden, Schmach für Unbill schafftest du. Freiheit! hieß es, vorwärts, vorwärts! Trankst mein rotes Blut, wozu?« Diese Zeilen schrieb Adelbert von Chamisso 1827 – 14 Jahre nach der Völkerschlacht. Welche Verzweiflung, welche Verbitterung sprechen aus diesen Worten – und drücken damit die Dramatik der Völkerschlacht und ihrer Folgen aus. In der seit der Antike wohl größten Schlacht kämpften mehr als eine halbe Million Soldaten gegeneinander. Gut 100.000 wurden getötet oder verwundet. Und das Leid derjenigen, die an der Schlacht gar nicht beteiligt waren, die Menschen, die in Leipzig und den Dörfern rund um die Stadt lebten, ist hier noch gar nicht erfasst...  Mit einem Chamisso-Zitat hat der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich seine Ansprache zum 100. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig eingeleitet. Die ganze Rede lesen Sie hier.

Das Gedicht Der Invalid im Irrenhaus gehört zu den schärfsten politischen Gedichten Chamissos und thematisiert nicht nur das Leiden in der Schlacht, sondern kritisiert vor allem die Zurücknahme bürgerlicher Freiheiten in der Restaurationsepoche nach dem Sieg über Napoleon. Das ganze Gedicht lautet:


Leipzig, Leipzig! arger Boden,

    Schmach für Unbill schafftest du.

Freiheit! hieß es, vorwärts, vorwärts!

    Trankst mein rotes Blut, wozu?
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Freiheit! rief ich, vorwärts, vorwärts!

    Was ein Tor nicht alles glaubt!

Und von schwerem Säbelstreiche

    Ward gespalten mir das Haupt.
Und ich lag, und abwärts wälzte
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    Unheilschwanger sich die Schlacht,

Über mich und über Leichen

    Sank die kalte, finstre Nacht.

Aufgewacht zu grausen Schmerzen,

    Brennt die Wunde mehr und mehr;
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Und ich liege hier gebunden,

    Grimm'ge Wächter um mich her.

Schrei ich wütend noch nach Freiheit,

    Nach dem bluterkauften Glück,

Peitscht der Wächter mit der Peitsche
20     Mich in schnöde Ruh zurück.

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